Einfach losziehen. Am Tag 20 Kilometer marschieren, je nach Lust und Laune mehr – oder auch weniger. Pausen einlegen. Wind und Wetter fühlen. Ins Unbekannte gehen. Nach innen lauschen, essenziell werden, das Numinose erfahren. Kraft tanken. Bei sich ankommen. – Das ist es, was Pilgerinnen und Pilger leidenschaftlich motiviert, einfach für ein paar Tage oder gar Wochen zu «verschwinden».
Wer sich heutzutage bewusst auf Pilgerschaft begibt, stehthäufig an der Schwelle zu etwas Neuem, nach dem Motto: «Du musst dein Leben ändern.» Eine Krise, Scheidung, Burnout oder Überdruss leiten eine Suchbewegung ein. Oder es beginnt ein neuer Lebensabschnitt, etwa Heirat, Berufswechsel. Existenzielle Fragen brennen im Herzen: Wer bin ich? Wo stehe ich? Wohin will ich? Was ist der nächste Schritt? Woran glaube ich? Natürlich kann man
auch aus purer Freude losziehen.
Mit der Entscheidung für einen Ausstieg auf Zeit löst man sich aus der Enge des gewohnten Daseins und zieht ohne Ballast von dannen. Meist allein. Schritt für Schritt erobert man sich die fremde Landschaft, auch die «innere Reise» beginnt. Was zählt, ist der Augenblick. Endlich Stille. Endlich Zeit, nachzudenken. Ein Rendezvous mit sich selbst. Beglückendes und Belastendes kommen im Laufe de Tage ans Licht. Der Blick fürs Wesentliche wird geschärft,
man wagt neue Gedanken und Visionen – und hofft auf eine Inspiration, die dem Leben eine neue Richtung weist. Erstaunt stellt man fest, wie wenig zum Leben notwendig ist. Um dann energiegeladen, gereift, geklärt, mit neuen Ideen zurück in den Alltag zu kehren.
Auf den schönsten Pilgerwegen der Schweiz
Schweizer Jakobsweg: vom Bodensee/Rorschach an den Thunersee, in zehn Etappen (mit Nr. 4, Via Jacobi signalisiert). Geschichtsträchtige Via Francigena (dt. Frankenweg): von Ste-Croix/Jura zum Grossen Sankt-Bernhard- Pass/Wallis, in zehn Etappen (mit Nr. 70 signalisiert).
Via Jura: von Basel nach Biel, in sieben Etappen (mit Nr. 80 signalisiert). Thurgauer Klosterweg: von Schaffhausen nach Tobel, in drei Etappen. Routenverläufe unter: www.schweizmobil.ch
Wie bereite ich mich vor?
Vorplanen: Route, Gepäckauswahl, evtl. Übernachtungen. Was mitnehmen? Am besten so wenig wie möglich. Als Faustregel gilt: Der Rucksack sollte nur 10 Prozent des Körpergewichts
betragen. Essenziell: das richtige Schuhwerk, Bekleidung für alle Wetterlagen (Funktionswäsche), Wanderstöcke, medizinische Grundversorgung, Reiseproviant. Wo schlafen? In der Schweiz fi ndet man entlang des Pilgerwegs problemlos eine (einfache) Unterkunft: Pilgerherbergen Landgasthöfe, Bed and Breakfasts, Bauernhöfe teilweise mit Schlafmöglichkeit im Stroh. Mit dem Pilgerausweis (bestellbar unter www.jakobsweg.ch oder
www.via-francigena.com) ist die Wanderin als Pilgerin ausgewiesen und hat verschiedenste Vorteile wie günstige Übernachtung in Klöstern und Herbergen.
Aktuelle Weginformationen, Übernachtungsmöglichkeiten, GPS-Tracks sowie Wander-Apps zum Herunterladen gibt es hier: www.wanderland.ch, www.jakobsweg.ch,
Text: Karin Breyer
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